„Digitale Zwillinge“ kommen in der Praxis an

15. August 2023

Immer häufiger kann man moderne Schlagwörter wie „Smart Cities“, „Internet of Things“ oder „Digitaler Zwilling“ in der (Fach-)Presse lesen. Doch auch wenn diese Begriffe allgegenwärtig sind, ist häufig unklar, was damit konkret gemeint ist. In diesem Artikel beantworten wir daher die Fragen: Was ist eigentlich ein „Digitaler Zwilling“? Welche Vorteile bietet die Nutzung solcher Abbilder der Realität? Und warum sollten sich gerade kleine und mittelgroße Kommunen mit dem Thema befassen? Das wird abschließend am Beispiel des „Digitalen Zwillings“ des Ortsteils Etteln der Gemeinde Borchen erläutert.

Was ist eigentlich ein „Digitaler Zwilling“?  

In seinem aktuellen Expertenpapier definiert der Deutsche Städtetag den „Urbanen Digitalen Zwilling“ als „ein intelligentes und realitätsnahes digitales Abbild der Stadt […], der zur Visualisierung, Auswertung und Simulation von städtischen Prozessen genutzt werden kann“. Dabei sind sie „modular und für die jeweiligen Zielgruppen einfach zugänglich und verständlich aufbereitet“.
 

Vereinfacht gesagt handelt es sich bei einem „Digitalen Zwilling“ im kommunalen Kontext also um ein computerbasiertes Abbild der Realität, das die Arbeit aller Fachbereiche der Kommune durch spezifische Lösungen erleichtern kann.

Ausgangspunkt dafür sind digitale Datensätze, die gesichtet, aufbereitet und schließlich zu einem digitalen Abbild der Realität zusammengetragen werden. Die Grundlage bilden in der Regel ein aktuelles Orthophoto oder eine Grundkarte, ein Geländemodell sowie 3D-Modelle der Gebäude. Fügt man diese Datensätze in einer entsprechenden digitalen Umgebung zusammen, entsteht bereits ein rudimentäres Abbild einer Kommune (siehe Bild unten).
 

Welche Vorteile bietet die Nutzung von  „Digitalen Zwillingen“?

Durch ihren modularen Aufbau können „Digitale Zwillinge“ nach Bedarf erweitert und somit auch realitätsnäher gestaltet werden. So können die bereits angesprochenen Geobasisdaten um fachspezifische Daten wie etwa Informationen zu Gebäudehöhen und Dachneigungen, Bebauungsplänen, oder Daten aus dem digitalen Baumkataster ergänzt werden.
 

Aus Sicht der kommunalen Verwaltung sind „Digitale Zwillinge“ insbesondere dann interessant, wenn Sie genutzt werden, um räumliche Zusammenhänge zu visualisieren oder zu analysieren und wenn die bereits vorliegenden 2D-Geodaten in die 3D-Welt integriert werden. So können beispielsweise Bauvorhaben bereits frühzeitig im Kontext der Bestandsbebauung visualisiert und diskutiert werden.

Wie profitieren kleine Kommunen davon – das Beispiel Borchen-Etteln

Während bereits viele große Städte – wie etwa Hamburg, München oder Düsseldorf – auf den Einsatz digitaler, dreidimensionaler Abbilder setzen, beginnt diese Entwicklung bei kleineren Kommunen gerade erst. Doch gerade diese können enorm von der Nutzung eines „Digitalen Zwillings“ profitieren. Die Investitionskosten zum Auifbau sind mittlerweile sehr gering und die Städte und Gemeinden müssen dank cloudbasierter Dienste keine eigene technische Infrastruktur vorhalten.
 
So gilt die Gemeinde Borchen (ca. 13.500 Einwohner) mit dem Ortsteil Etteln vor den Toren Paderborns als Vorreiter in diesem Bereich. Schon früh wurde hier erkannt, dass ein Dorf mit einer guten digitalen Infrastruktur sowohl für Bürger attraktiv als auch für die Verwaltung leichter zu managen ist.
 

Ausgehend von den eingangs angesprochenen Geobasisdaten, die in vielen Bundesländern bereits kostenlos genutzt werden können, wurde ein einfaches digitales Abbild des Dorfes erzeugt. Die dafür nötige Infrastruktur wird von der Virtual City Systems GmbH bereitgestellt, sodass die Gemeinde selbst keine Server anschaffen und warten muss. Der Zugriff auf das Modell erfolgt bequem über einen Internetbrowser, sodass keine Software installiert werden muss.
Die svGeosolutions GmbH unterstützt die Gemeinde mit aktuellen und detailreichen Geodaten bei der stetigen Verbesserung ihres Zwillings. So wurde auf der Grundlage zweier Befliegungen im Winter und im Sommer jeweils ein photorealistisches 3D-Modell erzeugt, die das digitale Abbild des Dorfes deutlich aufwerten (siehe Bild oben).

Auf der Grundlage der Befliegungsdaten können nun die Gebäude- und Geländehöhen genau ermittelt, die Eignung von Dachflächen für Photovoltaik-Anlagen untersucht oder die Verschattung durch einen geplanten Neubau schon vorab dargestellt werden.

Der „Digitale Zwilling“ von Etteln wird nun sukzessive um weitere Geodaten erweitert. Dazu gehören beispielsweise Sensordaten, die Regenmengen, Grundwasserspiegel oder Flusspegel darstellen. So entsteht derzeit beispielsweise ein Hochwasserfrühwarnsystem. Zahlreiche kleine und mittelgroße Kommunen folgen nun, die Vorreitern wie Borchen-Etteln nacheifern und den Schritt in die 3D-Welt erfolgreich meistern.

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