Starkregen besser simulieren mit Drohnen und KI

17. Mai 2022

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als eine der Schlüsseltechnoligien im Hinblick auf die Wertschöpfung in den kommenden Jahrzehnten. Daher hat das Land Baden-Württemberg die Förderung der Entwicklung und des Einsatzes von KI zu einem zentralen Bestandteil seiner Innovationspolitik gemacht. In diesem Rahmen hat die Landesregierung einen KI-Innovationswettbewerb ausgelobt, der Verbundforschungsprojekte fördert, um die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu intensivieren. So soll der Technologietransfer aus der Wissenschaft insbesondere in den Mittelstand hinein vereinfacht werden.

Die svGeosolutions GmbH hat sich in diesem Rahmen mit dem Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM und dem Büro BIT Ingenieure zusammengetan und das Projekt 3D-HYDRA initiiert. Das Ziel des Forschungsverbundes war es, den Prozess der Simulation des Oberflächenabflusses bei Starkregenereignissen zu verbessern. Durch die KI-basierte 3D-Objekterkennung in hochaufgelösten Drohnendaten sollten deutlich bessere Datengrundlagen für die Simulation geliefert werden, was zu realistischeren Modellierungen führt.

Modellierung derzeit nur auf Grundlage ungenauer Daten

Die Modellierung von Starkregenereignissen wird vor dem Hintergrund des Klimawandels und der damit einhergehenden Häufung solcher Ereignisse immer wichtiger. Umso erstaunlicher ist es, dass für derartige Modellierungen bisher in der Regel auf relativ grob aufgelöste und somit ungenaue Daten zurückgegriffen wird. Teilweise veraltete Laserscandaten in einem 1-Meter-Raster müssen daher durch zeitintensive Vermessungen im Gelände angepasst oder ergänzt werden. Neben dem Mehraufwand besteht hier stets die Gefahr, dass abflussrelevante Bauwerke wie Bordsteine oder Mauern nicht komplett erfasst werden. Das hat zur Folge, dass Fließwege und Abflusstiefen nicht realistisch modelliert werden. Im schlechtesten Fall bedeutet das, dass bauliche Sicherungsmaßnahmen am falschen Ort oder in unangepasster Weise erfolgen.

Von der Punktwolke über die KI zum Abflussmodell

Im Rahmen des Projektes 3D-HYDRA wurde daher ein Workflow entwickelt, um aus hochaufgelösten 3D-Daten aus Drohnenbefliegungen zeitsparend unter Einsatz von KI relevante Fließhindernisse zu detektieren. Diese konnten im Anschluss in eine spezielle Software eingebaut werden, um einen realistischeren Oberflächenabfluss zu simulieren.

Zunächst wurden aus dem enormen Datenfundus der svGeosolutions GmbH Punktwolken aus früheren Befliegungen zusammengetragen und manuell annotiert. Das bedeutet, dass in den Punktwolken zahlreiche Objektklassen wie Gebäude, Bordsteine, Mauern oder Brücken identifiziert und die zugehörigen 3D-Punkte händisch der entsprechenden Klasse zugeordnet wurden.

Die nun annotierten Punktwolken wurden im Anschluss an das Fraunhofer IPM weitergegeben, sodass dort eine KI auf der Grundlage dieser Trainingsdaten lernen konnte, wie das Ergebnis einer automatischen Klassifikation idealerweise aussehen sollte. Parallel zu diesem sehr rechenintensiven Prozess wurden in der Punktwolke des Testgebietes (Stadtgebiet Emmendingen) manuell die Fließhindernisse detektiert und die KI dann auf die gleiche Punktwolke angewendet.

Somit standen den BIT Ingenieuren drei verschiedene Datensätze zur Modellierung des Oberflächenabflusses zur Verfügung: die standardmäßig verwendeten Daten aus der Laserscanbefliegung, das Modell mit den manuell erzeugten Bruchkanten und die durch die KI erzeugte Datengrundlage. Auf dieser Basis wurde jeweils der Oberflächenabfluss modelliert und die Ergebnisse miteinander verglichen und die Unterschiede quantifiziert.

Während es in einigen Bereichen aufgrund der fehlenden Abflusshindernisse keine Unterschiede gab, zeigte sich in manchen Bereichen, dass die Verwendung zusätzlicher Bruchkanten deutliche Auswirkungen auf das modellierte Abflussgeschehen haben kann. So war beispielsweise eine Hochwasserschutzmauer im ursprünglichen Modell nicht enthalten, erst die Auswertung der Drohnendaten führte zu deren Berücksichtigung bei der Simulation.  

Verknüpfung von KI und Drohnendaten mit vielversprechender Zukunft

Das mittlerweile erfolgreich abgeschlossene Projekt 3D-HYDRA hat gezeigt, dass die noch recht junge Technologie der Künstlichen Intelligenz auch hinsichtlich der Verbesserung der Simulation von Starkregenabflüssen ein großes Potential bietet. Basierend auf aktuellen und hochaufgelösten Drohnendaten können Bruchkanten (semi-)automatisch detektiert werden, was den kosten- und zeitintensiven Außendienst deutlich reduziert.

Durch die Weiterentwicklung der KI durch das „Füttern“ mit zusätzlichen Trainingsdaten wird die Erkennung abflussrelevanter Objekte noch zuverlässiger. Nachdem die ersten Schritte in die richtige Richtung nun gegangen sind, werden die Erkentnisse bald in neue  Projekte einfließen.

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