Wochenendhausgebiet ohne Begehung vermessen

14. März 2021

Zwischen Worms und Mainz befindet sich diraekt am Rhein der Eicher See, der als das größte zusammenhängende Feriengebiet in Rheinland-Pfalz gilt. Der See entstand um 1930 durch den Abbau von Kies und verändert auch noch heute ständig sein Gesicht durch die Kiesgewinnung. „Rheinhessens Badewanne“ wird zudem bereits seit vielen Jahrzehnten als Naherholungsgebiet genutzt. So befindet sich an den Ufern des 63 ha großen Sees eines der größten Wochenendhausgebiete Deutschlands. Der Eicher See wird intensiv wassersportlich genutzt, so kann man dort segeln, surfen und angeln.

Teilweise rechtswidrige Nutzung von Wochenendhausgebiet

Entlang des Ufers wurden in den vergangenen Jahrzehnten etwa 660 Parzellen angelegt, die für die Wochenend- und Ferien- nutzung bestimmt sind. Allerdings wurde die Nutzung dieser Parzellen stetig intensiviert, sodass das Gebiet heute sehr dicht bebaut ist. Dieser schleichende Prozess, der mit einer zunehmenden Flächenversiegelung einhergeht, führt nun verstärkt zu Konflikten. 

So wurde im 1968 aufgestellten Bebauungsplan festgelegt, dass maximal 10 Prozent einer Parzelle überbaut und keine Flächen versiegelt werden dürfen. Das Bauamt der für den See zuständigen Verbandsgemeinde Eich geht davon aus, dass 25 bis 40 Prozent der Gebäude das zulässige Maß überschreiten.  

Neuer Bebauungsplan wird vorbereitet

Vor einigen Jahren stellte das zuständige Gericht fest, dass der 50 Jahre alte Bebauungsplan fehlerhaft war. Seitdem wird dieser nicht mehr angewendet und alle Bauvorhaben werden nach § 34 BauGB beurteilt. Jetzt wird ein neuer Bebauungsplan erarbeitet, der einen rechtskonformen Rahmen für die Bebauung vorgeben wird. Im Rahmen der Ausarbeitung stellen sich grundsätzliche Fragen: Was ist mit den zu großen Bestandsbauten? Darf man dauerhaft dort wohnen? Während die Antwort auf die zweite Frage eine politische ist, benötigt man für die Beantwortung der ersten zunächst eine gute Datengrundlage.

So wird während einer zweijährigen Veränderungssperre in Ergänzung zu einem Rechtsgutachten eine umfassende Bestandsaufnahme durchgeführt.

Unkomplizierte Vermessung aus der Luft statt Begehung privater Grundstücke

Im Rahmen des Bauleitplanverfahrens ist die Gemeindeverwaltung mit der Bitte an die svGeosolutions GmbH herangetreten, den aktuellen baulichen Zustand des Gebietes zu dokumentieren.

Das Ziel war es also, die Veränderungssperre zu nutzen, um den Ist-Zustand möglichst umfassend festzuhaltend. Das galt insbesondere im Hinblick auf die Gebäudegrößen, den Grad der Flächenversiegelung und die Geländegestaltung.

Dazu wurde eine Drohnenbefliegung durchgeführt, bei der innerhalb von vier Flugstunden eine Fläche von 70 ha erfasst wurde. Bei einer Flughöhe von ca. 90 m wurde dank hochauflösender Kameras eine Bodenauflösung von 2 cm erreicht.

Um eine ebenso genaue Georeferenzierung der aus der Befliegung abgeleiteten Datensätze sicherzustellen, wurden zahlreiche Passpunkte terrestrisch eingemessen und signalisiert. Dabei mussten zu keinem Zeitpunkt des Außendienstes private Grundstücke betreten werden. Insbesondere in potentiell konflikreichen Gebieten ist das ein wesentlicher Vorteil dieser Form der Vermessung.

Vielfältige Anwendung der detaillierten Geodaten aus der Befliegung

Im Innendienst wurde aus den Einzelbildern ein georeferenziertes Orthophoto mit einer Auflösung von 2 cm abgeleitet. Die Auflösung der Daten ist somit deutlich besser als die von Satellitenbildern, die bisher von der Gemeinde und vom Landkreis für solche Fragestellungen häufig genutzt werden.

Das Orthophoto diente in der Kombination mit mehr als 5.000 systematisch erzeugten Schrägluftbildern als Grundlage für die vermessungstechnische Erfassung von Gebäuden, versiegelten Flächen und Einfriedungen.

Zudem wurde ein 3D-Modell des Gebietes erzeugt, in dem die Gebäude nicht nur in der Draufsicht sondern auch mit ihrer Höhe enthalten sind. Auf dieser Grundlage wurden die First- und Traufhöhen aller Gebäude im Wochenendhausgebiet abgeleitet. Zudem diente es als Grundlage für die Erzeugung eines Geländemodells sowie der Höhenlinien im Abstand von 50 cm.

Abschließend wurden alle Daten zu Bestandsplänen im DWG- und PDF-Format aufbereitet. Diese nutzen die Verbandsgemeinde Eich sowie die untere Bauaufsichtsbehörde des Kreises Alzey-Worms nun für die Beurteilung des Status quo. Zudem greift das zuständige Planungsbüro auf die Daten im Rahmen der Erarbeitung eines Bebauungsplanentwurfes zurück. Er wird die künftige Nutzung des Gebietes dauerhaft regeln.

Die Wasserwirtschaft der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd des Landes Rheinland-Pfalz nutzt die Schrägluftbilder sowie das Geländemodell zudem zur Abschätzung des Schadenpotentials im Falle eines Hochwassers.

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