Nur wenige Kilometer von den nördlichen Ausläufern des Schwarzwaldes entfernt liegt unweit von Karlsruhe die Gemeinde Pfinztal mit ihren ca. 18.000 Einwohnern. Die vier Teilorte sind umgeben von naturnahen Wäldern und Wiesen. Streuobstwiesen und Rebhänge prägen die Landschaft, in der viele Schrebergärten und kleine Wochenendhäuser zu finden sind.
Große Teile der Pfinztaler Gemarkung sind Sondernutzungsgebiete
In den 1970er und 1980er Jahren wurden in Pfinztal großräumig Wochenendhaus- und Gartenhaussiedlungen ausgewiesen. Mit insgesamt 181 ha liegen mehr als 75 Prozent aller Gartenhausgebiete des Nachbarschafts- verbandes auf der Gemarkung Pfinztal. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich ein z.T. sehr diverses Nutzungsmuster dieser Flurstücke herausgebildet. Dadurch kommt es in manchen Fällen zu gegenläufigen Interessen zwischen den Nutzern dieser Flurstücke einerseits und der Gemeindeverwaltung sowie dem Naturschutz andererseits. So sind in manchen Bereichen recht große Gebäude entstanden, deren Errichtung nicht im Geiste der ursrpünglichen Ausweisung der Sondernutzungsgebiete erfolgte. Neben stark bebauten und sehr intensiv genutzten Flurstücken sind jedoch auch solche zu finden, die kaum oder garnicht genutzt und gepflegt werden. In diesen Bereichen findet dann oftmals eine Verbuschung statt, die nur mit großem Aufwand wieder rückgängig gemacht werden kann.
Potential für die Aufstockung des kommunalen Ökokontos
Zusammen mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Karlsruhe wurde bereits vor einigen Jahren ein Ökokonto für die Gemeinde Pfinztal eingerichtet. Das Ökokonto dient der Flexibilisierung des Vollzugs der Naturschutz- bzw. baurechtlichen Eingriffsregelung.
Zur Aufwertung geeignete Grundstücke werden identifiziert und können dem sog. Flächenpool zugeführt werden („Bevorratung“ von Grundstücken, die später mit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen belegt werden können).
Rund 70 Prozent der Gemarkung Pfinztal sind Landschaftsschutzgebiet. Diese durch Rechtsverordnung ausgewiesenen Gebietskulissen (Zuständigkeit bei der Unteren Naturschutzbehörde) grenzen in der Regel unmittelbar an den Siedlungsbereich an. Die Gemeinde hofft, durch eine teilweise Aufhebung des großflächigen Bebauungsplans sowie eine damit verbundene Rückführung von Flächen zum Außenbereich eine Tauschgrundlage zu schaffen. Potenziell für eine Siedlungsentwicklung/Nachverdichtung geeignete Flächen, die derzeit mit der Restriktion „Landschaftsschutzgebiet“ belegt sind, könnten im Gegenzug von dieser Restriktion befreit werden und somit einer baulichen Nutzung zugeführt werden. Da jedoch bisher keine detaillierten Informationen über die tatsächliche Nutzung vieler Flurstücke vorlag, wurde die svGeosolutions GmbH mit der Bestandserfassung beauftragt.
Vermessung von 1.400 Grundstücken aus der Luft und vom Boden aus
Die detaillierte Bestandserfassung einer so großen Anzahl von Flurstücken stellt für eine rein terrestrische Vermessung eine sehr große Herausforderung dar. Die Grundstücke sind z.T. eingefriedet oder aufgrund dichten Bewuches nur schwer zugänglich. Zudem ist es der Gemeinde als Auftraggeber wichtig, zusätzlich zu den Bestandsplänen weitere detaillierte Geodaten zu erhalten. Dazu zählen insbesondere hochaufgelöste und vor allem aktuelle Orthophotos sowie systematisch erstellte Schrägluftbilder.
In enger Abstimmung mit der Gemeinde wählte die svGeosolutions GmbH daher einen mehrstufigen Ansatz. Zunächst wurden die Gartenhausgebiete mittels Starrflügler beflogen, um Orthophotos mit einer Auflösung von 3 cm zu erstellen. Ergänzend dazu kam ein Koptersystem zum Einsatz, um systematisch Schrägluftbilder aller Flurstücke zu erstellen. In diese Schrägluftbilder wurden die Flurstücksgrenzen hineinprojeziert, um auf einen Blick zu sehen, welche Flurstücke genutzt werden und welche verbuscht sind. Diese beiden Datengrundlagen wurden anschließend im Büro dazu genutzt, um die auf den Grundstücken vorhandene Infrastruktur georeferenziert zu erfassen. Dazu gehören beispielsweise Gebäudeumringe, befestigte Wege oder Swimming Pools.
Einige Objekte, die in den Orthophotos aufgrund von Bewuchs nicht zweifelsfrei identifiziert werden konnten, wurden im Rahmen einer Ortsbegehung vermessen. Darüber hinaus wurden dabei Gebäudehöhen ermittelt und zusätzliche Informationen gesammelt, die nicht direkt aus den Befliegungsdaten abgeleitet werden konnten.
Detaillierter Steckbrief für jedes Grundstück als Entscheidungsgrundlage
Alle Informationen, die auf Grundlage der Befliegungsdaten sowie der Ortsbegehungen ermittelt wurden, wurden im Anschluss systematisch und nutzerfreundlich aufbereitet. Zusätzlich zu den Geodaten erhielt die Gemeinde als Endprodukt eine übersichtlich gestaltete PDF-Datei. Darin befindet sich zu jedem Flurstück ein dreiseitiger Steckbrief, der neben dem jeweiligen Bestandsplan den entsprechenden Ausschnitt aus dem aktuellen Orthophoto, ein Bild des Flurstücks aus der Fußgängerperspektive und eine tabellarische Auflistung aller weiteren relevanten Informationen enthält.
Der Gemeinde Pfinztal liegt damit nun eine umfangreiche, aktuelle und detaillierte Entscheidungsgrundlage vor. Diese Bestandsanalyse bildet die Grundlage für das anhängige, extrem komplexe Bebauungsplanverfahren. Das Bebauungsplanverfahren wird durch die Büros fsp Stadtplanung und faktorgruen aus Freiburg betreut. Erste Gespräche mit der Unteren Naturschutzbehörde haben mittlerweile stattgefunden.