Mittelbiberach setzt auf 3D-Vermessung von oben

7. Juni 2019

Die kleine Gemeinde Mittelbiberach (ca. 4.400 Einwohner) liegt nur wenige Kilometer westlich von einer der größten Städte Oberschwabens – Biberach an der Riß. Mittelbiberach ist einerseits geprägt durch einen Einwohnerzuwachs von ca. 25 Prozent in den letzten 15 Jahren, andererseits durch die mit dem demographischen Wandel einhergehende Tendenz zum Leerstand im Ortskern. Um diese – scheinbar gegenläufigen – Prozesse zu moderieren, hat sich die Gemeinde erfolgreich um die Aufnahme in das Sanierungsprogrammm des Landes beworben. Für die nächsten Jahre ist es der Gemeinde nun möglich, Zuschüsse für die Sanierung oder den Abriss alter Bausubstanz zu gewähren. Im Mittelpunkt steht dabei die Ortsdurchfahrt, entlang derer sich viele alte Bauernhäuser befinden. Ziel des Programmes ist es, den Ortskern zu beleben und Anreize für eine städtebauliche Aufwertung zu schaffen.

Genaue Kenntnis des Ist-Zustandes als Voraussetzung für gute Planung

Um ein Sanierungsprogramm wie dieses zu einem Erfolg werden zu lassen, von dem auch die kommenden Generationen profitieren werden, ist es zunächst wichtig, den Ist-Zustand genau zu kennen und bewerten zu können. Dazu gehört, den komplexen Gebäudebestand möglichst flächendeckend zu erfassen, um anschließend städtebauliche Leitlinien erarbeiten und baurechtliche Vorgaben präzisieren zu können. Das Wissen über die Struktur der Dachlandschaft oder die räumliche Verteilung von Baulücken kann dabei sehr hilfreich sein. Auch für Mittelbiberachs Haupt- und Bauamtsleiter Thomas Fechter war es ein zentrales Anliegen, sich zunächst ein genaues Bild über die Ausgangssituation machen zu können, bevor die Planung für die zukünftige Umgestaltung des Sanierungsgebietes vorangetrieben wird.

Daher beauftragte die Gemeinde die svGeosolutions GmbH damit, den gesamten Gebäudebestand detailliert in 3D zu erfassen und die Daten anschließend so aufzubereiten, dass sie im Planungsprozess problemlos genutzt werden können.

Automatisierte Prozesse ermöglichen effiziente Erfassung aus der Luft

Die Herausforderung dieses Projektes bestand darin, eine Fläche von etwa 240 ha und somit den gesamten Gebäudebestand der Gemeinde in einem Zeitfenster von nur wenigen Stunden zu erfassen. In diesem Fall kam daher ein Starrflügler zum Einsatz, der als Sensor eine schwenkbare Kamera trug. So konnten zusätzlich zu Senkrechtaufnahmen auch Schrägluftbilder aufgenommen werden. Zwischen den einzelnen Aufnahmen drehte sich die Kamera automatisch um 90 Grad, sodass Bilder mit einem 45 Grad-Winkel entstanden, die abwechselnd nach links bzw. rechts (bezogen auf die Flugrichtung) zeigten. So konnten nicht nur Dachflächen von oben aufgenommen werden, sondern auch die Gebäudefassaden flächendeckend mit einer Zielauflösung von 2 cm erfasst werden.

Durch die Weiterverarbeitung der etwa 5.000 Einzelphotos entstand ein komplettes digitales Abbild der baulichen Strukturen, des Geländes und der Vegetation in der Gemeinde. Durch die Verschneidung der Gebäudeumringe aus dem Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) mit der aus der Drohnenbefliegung abgeleiteten 3D-Information wurden die First- und Traufhöhen von 2.226 Gebäuden ermittelt. Das entspricht insgesamt 8.213 Einzelwerten, die ohne eine einzige zeitaufwendige Messung vor Ort berechnet werden konnten.

Für die Gemeinde resultierte das Verfahren in einer enormen Kosteneinsparung gegenüber einer klassischen terrestrischen Vermessung. Darüber hinaus konnte der Gemeinde, der mit der Planung beauftragten Freiraumplanung Sigmund Landschaftsarchitekten GmbH sowie der ES Tiefbauplanung ein hochaufgelöstes Orthophoto der Siedlungsfläche bereitgestellt werden. Die Kommune kann dabei wie gewohnt über die vom kommunalen GIS-Dienstleister ITEOS angebotenen Schnittstellen auf die Daten zugreifen. Eine zusätzliche Software oder eine Umstellung der bekannten Arbeitsprozesse ist dadurch nicht notwendig.

3D-Modell als zusätzliche Informationsquelle für kommunale Entwicklung

Das ebenfalls aus den Befliegungsdaten abgeleitete texturierte 3D-Modell kann nun verwendet werden, um sich einen guten visuellen Eindruck der Situation vor Ort zu verschaffen. So hat die kommunale Verwaltung beispielsweise Einzelansichten aus dem 3D-Modell extrahiert, um sie als Gesprächsgrundlage bei Gemeinderatssitzungen und Abstimmungsterminen zu nutzen.

Gerade bei der großflächigen Überplanung im Rahmen von Sanierungsprogrammen zeigen sich die Vorteile der drohnengestützten Datenerhebung. Das Projekt ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die kommunale Verwaltung, Entscheidungsträger und Planungsbüros von der neuen Technik profitieren.

 

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