Am nördlichen Ufer des Bodensees liegt das Mittelzentrum Überlingen mit seinen knapp 23.000 Einwohnern. Mit der historischen Altstadt und dem Blick auf die Alpen gilt Überlingen als eine der schönsten Städte am Bodensee.
Wenig erstaunlich gibt es in der attraktiven Stadt eine beständig hohe Nachfrage nach Wohnraum. Weil im Außenbereich kaum noch Flächen zur Erschließung zur Verfügung stehen, ist eine Nachverdichtung der bereits bestehenden Bebauung erforderlich.
Da es bei einem solchen Prozess häufig unterschiedliche Interessen der Beteiligten (z.B. Stadtverwaltung, Anwohner, Wohnungssuchende) gibt, ist ein solches Verfahren komplex, zeitintensiv und reich an Diskussionen. Baurechtliche Vorgaben müssen ebenso berücksichtigt werden, wie ästhetische Überlegungen oder beispielsweise die Verschattung des Gebäudebestandes.
Um den Planungsprozess so reibunglos wie möglich durchführen zu können, hat sich die Stadtverwaltung dazu entschieden, eine 3D-Visualisierung das Plangebietes erstellen zu lassen. Diese sollte die Möglichkeit bieten, den aktuellen Zustand des Plangebietes zu zeigen und die im Bebauungsplanentwurfe vorgesehenen Gebäude darzustellen.
Die Stadt beauftragte daher die Experten der svGeosolutions GmbH aus Freiburg, die sich auf die Vermessung und Erstellung genauer 3D-Visualisierungen für Kommunen spezialisiert hat. Sie lieferte zum einen den für die Aufstellung des Bebauungsplanes notwendigen Vermessungsdaten und zum anderen eine hochwertige und leicht verständliche 3D-Darstellung des Entwurfes.
Erster Schritt: Effiziente Erfassung des Ist-Zustandes aus der Luft
Am Anfang des Prozesses stand die Befliegung mit einer professionellen Drohne, die für die flächendeckende, detaillierte und dreidimensionale Erfassung städtischer Strukturen (z.B. Gebäudefassaden, Mauern, Straßen) entwickelt wurde. Das mehrere Zehntausend Euro teure, aber mit nur 1,5 Kilogramm sehr leichte Fluggerät „scannte“ in einem 45-minütigen Flug alle Strukturen des Plangebietes. Die Daten wurden im Anschluss zu einem 3D-Bestandsmodell aufbereitet und daraus ein Vermessungsplan abgeleitet. Dieser enthielt neben den Geländehöhen auch die First- und Traufhöhen aller Gebäude.
Zweiter Schritt: Modellierung des Bebauungsplanentwurfes in 3D
Auf der Grundlage des Vermessungsplanes entwickelte die Bauverwaltung der Stadt Überlingen einen Bebauungsplanentwurf, in dem u.a. die Baufenster sowie die entsprechenden Gebäudehöhen definiert wurden. Solche zweidimensionalen Pläne sind jedoch selbst für Gemeinderäte, die häufiger mit Planzeichnungen konfrontiert werden, nur schwer zu verstehen. So ist es durchaus eine Herausforderung, sich die Wirkung eines Gebäudes vorzustellen, wenn lediglich die Höhenangaben und der Gebäudeumriss in einem Plan vorliegen. Das gilt insbesondere auch für die am Verfahren interessierte Öffentlichkeit.
Um einen möglichst realitätsnahen Eindruck der Planung zu vermitteln, wurden die im Entwurf vorgesehenen Baukörper in 3D modelliert (LOD2) und in das Bestandsmodell eingearbeitet. Dabei lag ein besonderes Augenmerk darauf, dass die geplanten Gebäude mit ihren exakten Dimensionen in das Bestandsmodell integriert werden. Das gilt insbesondere für die First- und Traufhöhen, die häufig Anlass für Diskussionen bieten.
Dritter Schritt: Nutzerfreundliche Bereitstellung aller Daten über das Internet
In der Regel verfügen die kommunalen Verwaltungen nicht über die entsprechende Spezialsoftware, um detaillierte 3D-Daten anzuzeigen. Daher erfolgt die 3D-Visualisierung über den von svGeosolutions entwickelten TerraViewer. Die Daten können so ohne zusätzliche Software bequem im Internet-browser wie z.B. Firefox oder Chrome angezeigt werden.
Der Nutzer kann sich für die Anzeige des Bestandes oder der Planung entscheiden und dann die Perspektive auf das 3D-Modell frei wählen. Die Frage, ob ein neu geplantes Gebäude die Sicht von einem gewählten Standort aus beeinträchtigen wird, kann so vom Nutzer direkt beantwortet werden. Auch der Laie kann sich so schnell ein Bild von den im Bebauungsplan vorgesehenen Veränderungen machen.
Da alle Daten exakt georeferenziert und richtig skaliert sind, kann auf Knopfruck zudem der Schattenwurf dargestellt werden. Der Nutzer kann so beispielsweise ermitteln, welche Bestandsgebäude im Winter von den Neubauten verschattet werden oder für wieviele Stunden im Sommer die Sonne auf den Balkon scheint.
Stärkung der Entscheidungskompetenz und der Akzeptanz von Entscheidungen
Das hier vorgestellte Projekt ziegt, wie moderne Visualisierungsverfahren Stadtverwaltungen und Gemeinderäte dabei unterstützen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Durch die auch für die Öffentlichkeit leicht verständliche Art der Darstellung, steigt gleichzeitig die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Entscheidungen im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens. So entsteht eine echte Win-Win-Situation, da alle am Verfahren Beteiligten profitieren.