Felswand im Wiesental in 3D erfasst

4. Januar 2021

In Zell im Wiesental hatten sich an Heiligabend 2020 an einem steilen Hang im Bereich der „Roten Fabrik“ mehrere Kubikmeter Fels gelöst und waren in Richtung Straße gestürzt. Glücklicherweise wurden die Fels- und Erdmassen von einem dort im Jahr zuvor errichteten Schutzzaun aufgehalten, bevor es zu Sach- oder gar Personenschäden kommen konnte.

Der Südschwarzwald – ein Gebiet mit hohem Felssturzrisiko

Im Wiesental, einem südschwarzwälder Tal, das vom Feldberg Richtung Süden bis Basel verläuft, kommt es aufgrund der geologischen und topographischen Gegebenheiten häufiger zu Felsstürzen. Diese können insbesondere an steilen Straßenböschungen oder in der Nähe von Bebauungen zu einer Gefahr werden. In der Regel lockern gefrierendes Wasser oder Wurzeln die Steine im Zuge normaler Erosion. Mit geeigneten Schutzmaßnahmen, wie z.B. Fangzäunen, Fels- und Erdankern, Schutznetzen oder Prallwänden versucht man an besonders neuralgischen Stellen, diese Gefahr zu entschärfen. Die Sicherung der Felsen obliegt den Kommunen oder Straßenbehörden und kostet viel Geld.

Instabiler Hang direkt am Ortstrand

Die betroffene, steile Felsböschung in Zell grenzt direkt an die Bebauung am Ortsrand an. Die ungünstige Orientierung des Kluftgefüges des Gesteins sowie dessen verwitterungsbedingte Auflockerung führte schon in der Vergangenheit zu lokalen Instabilitäten in einzelnen Böschungsbereichen. Daher war vor Jahrzehnten im betroffenen Bereich ein Steinschlagschutzzaun errichtet worden, der 2019 aufgrund altersbedingter Mängel ersetzt worden ist. Dies erwies sich als Glücksfall. Im darauf folgenden Winter glitt im Nachgang von stärkeren Niederschlägen ein größeres Felspaket ab, das durch den neuerrichteten Steinschlagschutzzaun aufgehalten wurde. Der alte Fangzaun hätte dem vermutlich nicht standgehalten.

Die Schäden bei einem Felsabgang, der ungebremst mit voller Wucht auf den Gehweg und die Straße gestürzt wäre, wären enorm gewesen. Das Gewicht des größten Felsblocks wurde nach dem Abgang im Dezember auf fünf Tonnen geschätzt. Die Gesamt-masse betrug einige hundert Tonnen.
 
Um den betroffenen Hangabschnitt vor der Gefahr weiterer Felsstürze zu sichern, wurde der Hang zunächst beräumt. An Seilen gesicherte Mitarbeiter einer Spezialtiefbaufirma arbeiteten sich dafür von oben nach unten durch den Hang, lösten lockere Gesteinsstücke und brachten sie kontrolliert zum Absturz. Das so aus dem Hang gelöste Gestein wurde dann zerkleinert und abtransportiert. Dadurch konnte die Gefahr weiterer akuter Felsstürze zunächst gebannt werden.

 

Planung von Sicherungsmaßnahmen auf Basis einer Drohnenbefliegung

Nach diesen Vorarbeiten war der Hang vorbereitet für eine Beurteilung der Hangstabilität durch Fachgeologen und für die Planung und Berechnung von weiteren Sicherungsmaßnahmen durch das Team der Geotechnisches Institut GmbH aus Weil am Rhein. Als Grundlage für die Planungen und Berechnungen benötigen die Ingenieurgeologen eine präzise Vermessung der Hanggeometrie sowie detaillierte Einblicke in die Struktur des anstehenden Gesteins.

Da mit einer Vermessung vom Boden aus nur Teilbereiche des Hangs erfasst werden könnten und zusätzlich zur Vermessung eine Dokumentation der Gesteinsstrukturen benötigt wurde, war eine photogrammetrische Vermessung das Mittel der Wahl. Mit einer Drohnenbefliegung wurde der gesamte Hang mit mehreren hundert Einzelaufnahmen erfasst. Aus diesen Einzelaufnahmen wurde ein detailliertes 3D-Modell der Felsböschung in Form einer dichten Punktwolke erzeugt.
 
Auf der Grundlage dieser 3D-Punktwolke mit etwa 86 Millionen Messpunkten wurden dann an den von den Ingenieurgeologen vorgegebenen Falllinien Schnitte erzeugt. Mit diesen Hangprofilen lassen sich dann z.B. die notwendigen Auslegungen von Schutznetzen oder Fangzäunen berechnen. Ein hochaufgelösten Orthophoto bildet für die Planung der Sicherungsmaßnahmen einen hilfreichen visuellen Kontext. Gleiches gilt für die lagetreue und verzeichnisfreie Orthoplane als Zusatzinformation für den Böschungsaufriss. Sie gibt den Schnitten einen Kontext und ergänzt großflächig die Daten zur geologisch-tektonischen Struktur des Hanges. Zur detaillierten Betrachtung und Beurteilung von Klüften, Trennflächen und kritischen Bereichen mit lockerem Gestein wurden zusätzlich hochaufgelöste Einzelaufnahmen aus der Drohnenbefliegung herangezogen.
 
Die photogrammetrische Erfassung der Felsböschung in Zell ist ein weiteres Beispiel dafür, wie professionelle Vermessungsdrohnen eingesetzt werden, um effizient und effektiv die Planung von Felssicherungsmaßnahmen zu unterstützen. Die Vermessungsarbeiten können dadurch günstiger und vor allem deutlich risikoärmer durchgeführt werden als mit den bisherigen Verfahren.
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