Effiziente Genehmigungsprozesse durch 3D-Daten

16. Mai 2019

Am Übergang von der Rheinebene zum Schwarzwald liegt das kleine Städtchen Ettenheim mit seinen etwa 13.000 Einwohnern. Bekannt ist die Stadt insbesondere für seinen historischen Ortskern mit seinen barocken Bauten, engen Gassen und alten Fachwerkhäusern. Überragt wird sie dabei vom 58 Meter hohen Turm der weithin sichtbaren barocken Kirche St. Bartholomäus.

Strenge Bauvorschriften zum Erhalt der historischen Altstadt

Die Altstadt von Ettenheim ist in Ihrer Gesamtheit gemäß §19 DSchG (Denkmalschutzgesetz) unter Denkmalschutz gestellt. Schon in den 1970er Jahren wurde die Satzung über die örtlichen Bauvorschriften über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen, die sogenannte „Altstadtsatzung“ erlassen. Die Gestaltungssatzung konkretisiert die Anforderungen, die an das Bauen und Verändern in der historischen, geschützten Altstadt von Ettenheim gestellt werden. Ziel der Satzung ist dabei, die „Erhaltung künstlerisch wertvoller historischer Einzelgebäude, die kulturell bedeutsame Gesamtheit und prägenden Merkmale der historischen Kernstadt zu sichern“.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Bauherren und die städtische Verwaltung sehr genau darauf achten, was zulässig ist und was laut Altstadtsatzung nicht genehmigungsfähig ist. So gilt bei vielen baulichen Veränderungen der Grundsatz der „Nicht-Einsehbarkeit“. So dürfen viele Veränderungen nur vorgenommen werden, wenn die entsprechenden Gebäudeteile nicht vom öffentlichen Straßenraum einsehbar sind. Zudem gilt, dass diese auch nicht von vier – aus stadtgestalterischer Perspektive relevanten – Aussichtspunkten zu sehen sind. Somit wird unter anderem sichergestellt, dass die charakteristische Dachlandschaft erhalten bleibt.

Bisher aufwendiges Verfahren zur Ermittlung der Einsehbarkeit

Wenn ein Bauherr in der Vergangenheit daran interessiert war, beispielsweise ein neues Dachfenster einzubauen, war der Genehmigungsvorgang aufwendig und zeitintensiv. Lag ein entsprechender Antrag auf Baugenehmigung beim Bauamt vor, musste zunächst ermittelt werden, ob für die betroffene Dachfläche der Grundsatz der „Nicht-Einsehbarkeit“ gemäß Altstadtsatzung erfüllt ist. Da entsprechende Geodaten nicht zur Verfügung standen, musste der zuständige Sachbearbeiter selbst vor Ort eruieren, ob eine direkte Sichtverbindung vom öffentlichen Straßenraum oder von den Aussichtspunkten zur entsprechenden Dachfläche besteht. Eine der Herausforderungen dabei ist jedoch, die richtige Dachfläche zweifelsfrei zu identifizieren – bei zahlreichen Dachflächen und flachem Blickwinkel ein echtes Problem.

Flächendeckende 3D-Informationen als Schlüssel zum Erfolg

Die Stadt Ettenheim beauftragte daher die svGeosolutions GmbH damit, diesen Prozess zu vereinfachen. In Abstimmung mit dem Bauamt wurde daher ein innovatives Verfahren zur Ermittlung der Einsehbarkeit entwickelt. Der Schlüssel dazu bildete die systematische, GIS-basierte Auswertung von flächendeckenden 3D-Gebäude- und Geländeinformationen. Da die Stadt Ettenheim jedoch bisher weder über ein entsprechendes 3D-Stadtmodell noch über umfassende Vermessungsdaten verfügt, mussten diese Grundlagen für die Analyse zunächst erfasst werden.

Einsatz des Oktokopters und ergänzende Messungen am Boden

Am Anfang stand daher die Planung eines strukturierten Drohnenfluges. Anschließend wurden Passpunkte im Befliegungsgebiet eingemessen und für die spätere Auswertung am Computer signalisiert, worauf die photogrammetrische Erfassung der Gebäude und das Geländes folgte. Dazu kam ein Oktokopter als Plattform für das hochauflösende Kamerasystem (Sony Alpha 6000) zum Einsatz. Die aus der Befliegung resultierenden Einzelphotos wurden zu einem 3D-Modell sowie zu einem hochaufgelösten Orthophoto aufbereitet. Zusätzlich wurden die für die Sichtbarkeitsanalyse zu berücksichtigenden Aussichtspunkte eingemessen und in das Geographische Informationssystem (GIS) eingespeist. Auf Grundlage des hochaufgelösten Orthophotos wurden die Straßenmitten digitalisiert und entlang dieser Linien in regelmäßigen Abständen Beobachtungspunkte erstellt. Spezieller GIS-basierte Verfahren kamen zum Einsatz, um die von den Aussichts- bzw. Beobachtungspunkten aus einsehbaren Dachflächen zu ermitteln und räumlich darzustellen. Die Daten wurden zu einer PDF-Datei aufbereitet, in der die Flurstücke aus dem amtlichen Liegenschaftskataster, das hochaufgelöste Orthophoto sowie farblich markiert die einsehbaren Bereiche dargestellt werden können.

Weiterer Schritt zur Digitalisierung kommunaler Prozesse

Durch die systematische und flächenhafte Ermittlung der für den Denkmalschutz relevanten Dachflächen können die Genehmigungsprozesse nun deutlich effizienter gestaltet werden. Die zeitaufwendigen Ortsbegehungen entfallen, stattdessen reicht ein kurzer Blick in die PDF-Datei um eine objektive und reproduzierbare Bewertung der Situation vor Ort zu erhalten. Dadurch wird der Arbeitsalltag der Rathausmitarbeiter von Bürgermeister Bruno Metz erleichtert und die Transparenz kommunaler Entscheidungsprozesse erhöht.

Die Stadt Ettenheim hat somit durch dieses Projekt dank moderner Verfahren der Geodatenerhebung und -analyse einen weiteren Schritt im Hinblick auf die Digitalisierung kommunaler Prozesse gemacht.

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